MuTh – Konzertsaal der Wiener Sängerknaben – Raumakustik und Beschallungstechnik

„Der neue Saal trägt den Namen MuTh, was für “Musik und Theater” steht und so bereits im Namen anklingen lässt, dass der neue Saal nicht allein für Chorkonzerte konzipiert wurde. Tatsächlich ist der neue Konzertsaal von seinem Nutzungsspektrum deutlich breiter angelegt. Selbstverständlich steht seine Funktion als Konzertsaal der Wiener Sängerknaben im Vordergrund, und es werden hier auch regelmäßig Konzerte des Chores stattfinden, darüber hinaus soll es aber auch andere Aufführungen und Veranstaltungen geben, wie zum Beispiel Rock- und Kinderopern sowie Veranstaltungen von Schulen und Kindergruppen. Entsprechend diesem breiteren Nutzungsspektrum haben die Planer auch die Raumakustik konzipiert und eine fest installierte Beschallungsanlage bereits in der raumakustischen Planung berücksichtigt. Auf diese Weise entstand ein Saal, der von der Raumakustik her natürlich für Konzerte und Musikveranstaltungen besonders geeignet ist, sich durch die Einbindung der elektroakustischen Anlage aber auch für Veranstaltungen eignet, die eine Lautsprecherunterstützung erfordern. Für die raumakustische Planung unter Berücksichtigung der Elektroakustik war das Büro Quiring Consultants aus Aldrans bei Innsbruck verantwortlich, die elektroakustische Anlage wurde von der technischen Fachabteilung des MuTh unter Leitung von Ing. Roland Tscherne in Zusammenarbeit mit Grothusen AV, dem Österreichischen Vertrieb von Kling & Freitag, und TSAMM, dem Österreichischen Vertrieb von Solid State Logic geplant und ausgeführt.

Raumakustik und Beschallung

Was seine grundlegende Abstimmung betrifft, hat der Konzertsaal die akustischen Eigenschaften einer Kammeroper {bzw. eines Kammermusiksaales), was gut zu dem Spektrum der geplanten Aufführungen und zu seiner Größe mit einem Fassungsvermögen von 400 Besuchern passt.

… Wenn man also bereits bei der raumakustischen Planung weiß, dass eine Beschallungsanlage zum Einsatz kommen wird und – besser noch – an welchen Punkten im Saal die Lautsprechersysteme installiert werden, kann man den Saal raumakustisch so gestalten, dass Probleme beim Einsatz der Beschallungsanlage nicht auftreten werden. Im Konzertsaal der Wiener Sängerknaben ist dies in idealer Weise bei der Planung berücksichtigt worden. Um die raumakustische Planung für den Saal testen und fein abstimmen zu können, scheuten Auftraggeber und Raumakustiker Dr. Quiring auch den Aufwand nicht, ein Modell des Saals im Maßstab 1:10 anzufertigen, um in diesem Saalmodell für den Bau des Saales wertvolle Informationen zu erhalten.

Beschallung

Die Beschallung für den Konzertsaal wurde komplett auf der Basis von Kling & Freitag Lautsprechersystemen realisiert. Es gibt eine klassische Portalbeschallung Links- Center- Rechts, ergänzend eine Effekt-Beschallung für den Zuschauerraum im Rahmen einer 5.1-Anordnung. Dem liegt die Idee zu Grunde, eine 5.1-taugliche Tontechnik – von der Zuspielung beziehungsweise Mikrofonierung über die Signalbearbeitungs- und Mischsysteme bis hin zur Saalbeschallung aufzubauen. Passend dazu bietet die SSL-Konsole neben einer nativen 5.1-Signalbearbeitung auch einen 5.1- Upmix an, so dass auch Stereosignale entsprechend verarbeitet werden können. Zusätzlich zu dieser 5.1-Beschallung gibt es eine Hinterbühnenbeschallung (u.a. mit Kling & Freitag CA1515-6 + SWi118E) sowie weitere Lautsprecherpositionen, die in Theatern wichtig sind, wie etwa Monitorpositionen auf der Bühne, an den Seiten, an der Rückseite sowie der Bühnenvorderkante (u.a. bestückt mit K&F CA 1215-9 und -6). Es gibt natürlich weitere Lautsprecherpositionen auch für Effekteinspielungen, zum Beispiel im Zuschauerraum oben in der Mitte (K&F CA 1215-6), umlaufend an Seiten- und Rückwänden installierte Lautsprecher (K&F Sona) sowie weitere Positionen für eine eher indirekte Zuspielung, etwa im Bereich des Schnürbodens, welcher allerdings im Muth in der klassischen Bauform gar nicht vorhanden, sondern durch Rollkulissen ersetzt ist. Fest installiert sind insgesamt 24 Lautsprechergruppen, die bei einzelnen Gruppen aus bis zu sechs Lautsprechern bestehen können. Die Portalsysteme links und rechts beispielsweise bestehen aus je zwei Kling & Freitag Line 212 Lautsprechersystemen mit zugehörigen 2×15″-Subbässen vom Typ K&F SW 215E. Die K&F Line 212 an der oberen Position versorgt auch den Balkon, während die jeweils untere für das Parkett zuständig ist. Als Centersystem kommt eine Kling & Freitag CA 1515-9 zum Einsatz. Die Kling & Freitag Line 212 Lautsprechersysteme werden über den passenden Systemcontroller K&F CD44 (Bild oben links) teils passiv, teils aktiv angefahren werden. Der CD44 arbeitet in der vorliegenden Installation mit einer Abtastfrequenz von 192kHz und steuert die Lautsprechersysteme mit einer lautsprecherspezifischen Signalaufbereitung inklusive Limiter, Filter und Phasenkompensation an. Die Kling & Freitag Line 212 selbst ist ein Fullrange-Lautsprechersystem mit passiver Frequenzweiche. Das aufwändige, passive Filternetzwerk in der Line 212 Frequenzweiche nutzt die von Kling & Freitag patentierte FLC-Technologie (frequency-dependent line coupling). Diese bewirkt bereits im Tiefmitteltonbereich eine deutlich gerichtete und gleichzeitig homogen verlaufende Abstrahlcharakteristik, indem die beiden Tiefmitteltonsysteme der K&F Line 212 zu einer Schallzeile (Linienstrahler I Line) akustisch gekoppelt werden. Die FLC-Elektronik steuert diese beiden Chassis nun in unterschiedlich breiten Frequenzbändern phasengleich an, wodurch bei der frequenzabhängigen Addition der beiden 12″-Membranen ein hörbar verbessertes Abstrahlverhalten entsteht – speziell in Hinblick auf Tieftonwiedergabe, Wirkungsgrad und Homogenität des Rundstrahlverhaltens. Während die lautsprecherspezifische Signalaufbereitung inklusive Überlastschutz der bereits erwähnte K&F CD44-Controller übernimmt, setzt man in der Wiener Installation für die Leistungsverstärkung Vierkanal-Endstufen aus der C-Serie von Lab.Gruppen ein, die sich als sehr zuverlässig und klanglich überzeugend erwiesen haben. Die Verstärker sind darüber hinaus gemessen an der Leistung recht kompakt und bieten ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Die rückwärtigen Lautsprecher der 5.1-Konfiguration sind mit Kling & Freitag CA 1001 ausgeführt, und zwar mit jeweils zwei Lautsprecherpositionen im Parkett und zweien auf der Galerie. Zusätzliche Lautsprecherpositionen entlang der Wände (und an in der Deckenkonstruktion) sind mit Kling & Freitag Sona Kompaktlautsprechern bestückt und dienen vor allem der Effektbeschallung. Alle diese Lautsprecher sind jeweils bündig in die Wandflächen eingelassen.

Zusammenfassung

Es kommt nicht gerade häufig vor, dass man es mit einem Konzertsaal zu tun hat, der gleichermaßen für klassische Musik, Chor und Oper konzipiert ist wie auch für Veranstaltungen mit Beschallung und Konzertmitschnitte. Richtig gut funktioniert das nur, wenn von Anfang an Architekt, Raumakustiker und Tonanlagenplaner zusammenarbeiten und alle Details auf das zukünftige Nutzungsprofil abstimmen. Im Falle des hier vorgestellten Konzertsaals der Wiener Sängerknaben ist genau das geschehen, und ich kann aus eigener Hörerfahrung berichten: Es funktioniert richtig gut!”

Text: Dieter Michel / Auszug aus PROSOUND (Nov./Dez. – 6/2012)

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